Wahrscheinlichkeit

Monday, June 07, 2010

Konsequenzen II

weiter im Text

Possession, alienable und inalienable, werden in verschiedenen Sprachen unterschiedlich markiert, was soll das heissen Possession, Eigentum, Besitz, Nähe, für wie lange?
Baal ha beit im Hebräischen ist der Hausherr, der Hauseigentümer, er ist auch der Ehemann, derjenige der die Frau besitzt, trägt, er trägt sie also.
Geht es um den Besitz oder die Beziehung?
Bei Kindern bin ich der Vater, klarer ist immer die Mutter, weil man das Kind heutzutage noch aus ihrem Leib gepresst sieht, doch auch das muss nicht sein, sie kann Leihmutter sein, eines Tages müssen keine leiblichen Mütter mehr notwendig sein. Geht es dann um den Besitz, die Beziehung, das Verhalten gegenüber Objekten oder mitsamt alles?
Wenn Sprachen Besitz unterschiedlich markieren, würden die Sprecher aus dieser Kultur dies auch an einem anderen Ort in einer anderen Sprache tun, weil ihnen das Verhalten zu den besessenen Objekten kulturell eingeübt ist oder würden sie in einer anderen Muttersprache ein anderes Verhältnis zu Besitz, Eigentum und Beziehung herstellen?
Verpflanzte man alle nordamerikanischen Indianer nach Südafrika an die Fussball WM, liesse alle Kinder die geboren werden weil die Indianer Mannschaft gewonnen hat in südafrikanischen Schulen einschulen, hätten sie das selbe Verhalten gegenüber Objekten und deren Zugehörigkeit?
Verhalten wir uns gegenüber Objekten so, wie uns die Sprache nahelegt uns zu verhalten?
Prägt die Kultur die Sprache oder umgekehrt? Oder beides: handelt es sich hier wieder um eine Wechselbeziehung im Zeitablauf, die gruppeninternen und gruppenexternen Einflüssen unterworfen ist, also beide sich gegenseitig beeinflussen? Alles im Fluss also?

Es scheint uns wichtig zu sein, in gewissen Situationen die Richtigen Worte und Anreden zu finden.
Wir fühlen uns geehrt, ernst genommen oder gegenteilig. Ein Sie an der richtigen Stelle, ein Du an der falschen, usted, tu, vous, tu, wir verhalten uns meistens anders, mit Leuten, die in Höfllichkeitsformen angesprochen werden.
Verhält sich das gleich mit allen Objekten, d.h. hätten wir in unserer Sprache Höflichkeitsformen für Tiere, Bäume usw. würden wir uns ihnen gegenüber anders verhalten?
Woher kommt der Anlass, für bestimmte Objekte spezifische/markierte Formen in unserer Sprache zu gebrauchen?
Bei Machtverhältnissen liegt es auf der Hand, Distanz herstellen, Gruppenordnung aufrechterhalten durch Ehrbezeugungen usw., doch warum sollte dies gegenüber anderen Objekte so sein?
Es gab in der Schweiz in den 80er und 90er Jahren eine erhebliche Diskussion über die sprachliche Behandlung von Weiblichem und Männlichem.
Diese muss implizit davon ausgehen, dass zwischen der sprachlichen Differenzierung/Markierung von weiblich und männlich und dem Verhalten gegenüber Weiblichem und Männlichem ein Zusammenhang besteht.
Gegner-innen von "Mitgliederinnen" könnten so als Konservative, Hüter-innen des Status Quo in Bezug auf die Geschlechterungleichbehandlung interpretiert werden, Befürworter-innen als Verfechter von "Ändert die Sprache, so ändert sich das Verhalten" gegenüber Objekten, hier Frauen und Männer.
Falls dieser Zusammenhang zwischen sprachlicher Differenzierung und verändertem Verhalten tatsächlich gegeben ist, müssten Tierschützer auch auf einer sprachlichen Differenzierung gegenüber Tieren, Naturschützer gegenüber allem Natürlichen, Kunstschützer gegenüber allem Künstlichen und Kunst, Eheschützer gegenüber Ehepartnern usw...

Wenn kein Zusammenhang besteht, können wir jeden ein Arschloch und alles bullshit nennen wie es uns beliebt.

Geht es also tatsächlich auch um Bewahren und Verändern von Herrschaftsverhältnissen, wenn wir von Muttersprache, Integration, Assimilation sprechen?
Geben wir nun weltweit grossen Wellen (heute weiss jeder was ein Tsunami ist) oder Vulkanen eine andere Andrede, zum Beispiel Tsunami-Sie, Sie Kräftige oder Sie Kräftiger? Oder sprechen wir von Henker- statt Richterskala, Gleichrichterskala? Machen wir diese Anpassung einmalig, oder fügen wir diese sprachliche Ungleichbehandlung als Regel ein, die gleichzeitig uns anzeigt, wie wir uns gegenüber entsprechend referierten Objekten zu verhalten haben, also nicht mehr indifferent, sondern der Anrede folgend?
Blasphemie für Natur käme in Mode, weil Fluchen und Regelbrechen Freude macht, als Ventil funktioniert, so im Stil von "Herr xy, mit Verlaub, Sie sind ein Arschloch".
Hätten wir keine Umweltprobleme, wenn alle Menschen höflich mit der Natur sprächen?

Noch einmal: wie stelle ich die die Beziehung von Objekten zu den Lauten die wir gebrauchen her?
Spielt die Betonung beim Anblick von Objekten auch eine Rolle? Reicht die reine Codifizierung, sprachliche Differenzierung nicht aus, wenn ich die Augen dabei Rolle oder die Finger beim Anblick und Aussprache kreuze?
Für wen, für wie viele sollen solche Differenzierungen überhaupt relevant sein?
Herrscht ein grosser Wettbwerb verschiedener Sprachgruppen?






Friday, June 04, 2010

Konsequenzen I

Noch einmal, was kann man wissen?

Was hat mich Linguistik die letzten Monate gelehrt?

Dass Menschen alle möglichen Formen von Geräuschen mit ihrer Luftröhre, Rachen, Mundhöhle, Zunge und Zähnen machen, viel, wenig, keine Luft nach aussen lassen, Luft einlassen und Geräusche machen, schnalzen, vibrieren, gurgeln, im Stakkato, abgehackt oder gebunden wie einem ligato, piano, forte, Agogik brauchen, alles damit Luftbewegungen von ihnen zu anderen gelangen, um der Reaktion zu Harren die dadurch ausgelöst werde.

So lange jemand die Luft nicht anhält, tönt es, und zwar in einem ununterbrochenen Strang, nicht mit wohlgeformten, abgegrenzten Einheiten.

Und das alles soll uns Lachen und weinen lassen?

Die stummen Repräsentanten dieser Geräusche, dieses Rauschens klappern hier vor mir her, Schriftzeichen, die wie die Geräusche uns lachen und weinen lassen können.

So wie ein Film der Bilder zeigt, die wir zusammensetzen zu einer Geschichte der wir folgen können.

Erstaunt war ich tatsächlich darüber, wie stark Sprache doch ein Sprechakt ist und recht wenig mit Schriftzeichen zu tun haben muss.

All das was mit menschlicher Sprech-Handlung, Sprachgebrauch im steten Kontext zu tun hat, Implikaturen zulässt, d.h. etwas mitzuteilen ohne dass dies explizit gesagt wird, all das was wir als Kinder und Jugendliche schon so ausgiebig mit Augenrollen begleiten konnten, Feinde ausschlossen, Freunde einschlossen in unserem Austausch, all das umgibt uns schon lange, wir machen davon Gebrauch. Brauchen wir mehr, wozu?

Gibt es eine fremde Zaubersprache oder sprechen wir alle eine Zaubersprache die herstellt was wir aussprechen?

Oder entwickeln wir Sprache mit Sprache weiter, finden neue Spielformen, neue Lautfolgen, neue Zeichenfolgen die wir miteinander teilen können, die wir zum Gegenstand unseres weiteren Gesprächs machen, etwa so wie wenn wir alle in ein Museum gehen und das Bild anstelle der Landschaft besprechen?

So wie wenn wir ausdauernd ausschliesslich in von uns gebauten Gebäuden leben, die wir laufend immer wieder umbauen und renovieren?

So wie alle mit Wasser kochen sprechen alle Menschen mit Lauten.

Eigenartig ist wie wir Lautfolgen gruppieren, wie diese Gruppierungen in verschiedenen Abfolgen uns einmal stimmig, manchmal unstimmig erscheinen.

Was sind denn alles Taten, Handlungen, welchen Stellenwert nehmen neben ihnen die Geräusche ein, die wir äussern oder die Schriftzeichen die wir einander zeigen dabei, vorher, während und danach?

Lenken wir unsere Taten tatsächlich Lauten, Geräuschen und Zeichen folgend?

Oder ist es umgekehrt? Folgen Laute, Geräusche und Zeichen den Taten, so wie ein Finger eine Saite in Schwingung bringt, der Finger bewegt sich geräuschlos, die Saite bringt die Luft zum Schwingen?

Gleicht unser Sprechen unserem Herzschlag oder unserer Hand die sich zur Flasche bewegt, sie ergreift, sie zum Mund zu führt, um unseren Durst zu stillen?

Was zeigte mir die Linguistik weiter?

Dass die gruppierten Laute bezeichnet werden können, dass diese Zeichen sie vertreten können, dass in jeder Sprache Regelmässigkeiten und Unregelmässigkeiten in Abfolgen der Laute und Zeichen festgestellt werden können, dass diese auf alles und nichts referieren können?

Unter welchem Aspekt soll ich Sprache nun betrachten?

Als Poesie, als Raketenlaufbahnberechnung, als Pick-Up Line in einer Bar, als Lob und Tadel meiner Kinder, als Programm in meinem Kopf, das ich selbst programmieren kann, als Tosca oder als i promessi sposi?

Wie wird diese Referenz, Beziehung zwischen Lauten/Zeichen und Referenten, Bezeichnetem hergestellt?

Durch Dressur?

So wie ein Kleinkind das Lächeln imitiert?

Sind Laute mit Wiesen, Flüssen, Seen zu vergleichen, in denen wir gehen, Schwimmen, Motoren und Schiffe bauen um uns in ihnen zu bewegen?

Die Lautfolgen die wir brauchen sind entweder dieser Lautnatur angepasst oder sie gehen unter, als Kreuzfahrtschiff im Altersheimteich, als Frosch im Mittelmeer, als Ameise auf dem Kililmantscharo?

Kreieren wir so laufend unsere Tierchen und schauen, wie sie sich behaupten?

Ob wir Sprechen, Schreiben, Muskeln antrainieren, Singen, Tanzen, uns füttern?

Mit Absicht, Ziel oder ohne?

Spielt es eine Rolle (was meine ich damit?), ob gruppierte Lautfolgen in einer Sprache bei der Referenz auf ein Objekt einen weiteren Laut anfügen, in einer anderen Sprache dies jedoch unterlassen wird?

Die animacy-hierarchy, die Tatsache dass in einigen Sprachen Objekte die emotional näher sind, verschiedene Lautfanfügungen haben als Objekte, die emotional entfernter sind? In anderen Sprachen dies ausgelassen wird?

Dass genus zwei Kategorien haben kann oder auch 5 und mehr?

Dass auch numerus mehr als nur Einzahl und Mehrzahl sein kann, sondern lautlich differenziert werden kann für mehr oder weniger Leute die in-/ausbegriffen sind?

Auf wen oder was soll bei welchen Lauten referiert werden, wer oder was gehört wann aus welchem Grund in welchem Kontext dazu, wer oder was nicht?