1000 Worte, ein Bild und das Auge dessen Betrachters
1000 Worte, ein Bild und dessen Betrachter

Bilder schaffen eine eigene Zukunft und bringen denselben, abgebildeten Moment in den Augen des Betrachters stets im Anschauungsmoment in einen neuen Kontext.
Bilder halten den Atem an, schaffen etwas, das wir mit unseren Augen und Gedaechtnis nicht schaffen:
Sie projizieren das ausgestrahlte Licht von Objekten nicht auf die Retina, auf der das Bild geloescht wird, sobald wir meistens nur Teile davon als Erinnerungen in Form von Eiweissen im Hirn gespeichert haben.
Sie wandeln das Licht direkt ohne menschliche Erinnerung in positive oder negative elektrische Ladungen um, wie das bei digitaler Photographie der Fall ist.
Zum neuen Objekt und zur neuen Erinnerung wird das Bild erst wieder, wenn der Betrachter die erneute Umwandlung von positiver oder negativer elektrischer Ladung in ein neues Objekt, sei es als Papier durch Tintentropfen bespritzt oder als Bildschirm wo Polymere durch elektrische Impulse beschossen werden, wahrnimmt.
Der Moment der Bildbetrachtung kann jederzeit eintreten, sofern der Bildspeicher, das Papier oder der Bildschirm, das Bild oder Teile davon noch wahrnehmen kann.
Interessant ist sicher auch die Situation, in der das Bild unvollstaendig ist und der Betrachter die Luecken mit eigenen Vorstellungen fuellen muss.
Er kann assoziieren wie bei einem Rorschach Test oder versuchen, die wahrscheinlichste Fortsetzung der Lueckenraender zu finden.
Der Betrachter des Bildes kann aufzaehlen, welche Objekte er neben dem Objekt Bild selbst auf dem Bildtraeger, dem Papier oder Bildschirm sieht.
Den Bilderrahmen oder den Bildschirmrahmen wird er vom Bildtraeger selbst unterscheiden und wie seinen Stuhl oder Tisch an dem er sitzt nicht als Bestandteil der Abbildung interepretieren.
Alles was ueber eine reine Aufzaehlung der wahrgenommenen, oder besser, wiedererkannten Objekte auf dem Bildtraeger, ausgesagt wird, muss eine Assoziation sein, die bei der Betrachtung aller oder vereinzelter Objekte der Abbildung eintritt.
Jede Assoziation jedes Betrachters ist einmalig, sie kann einzig bei ihm entstehen. Diese Verbindung zwischen einem Objekt, hier dem Bild und seinen abgebildeten Objekten, und den Erinnerungen (gespeichterten Eiweissen), findet lichtschnell statt.
Diese Assoziationen koennen erweitert werden. Einer Kettenreaktion oder Traumbildassoziation gleich muessen sie nichts mehr mit dem Ursprungsobjekt, der abgebildeten Situation auf dem Bildtraeger, zu tun haben.
Diese individuellen Assoziationen koennen Gefuehle hervorrufen, die ebenfalls nichts mit der Abbildung zu tun haben.
Zwei Situationen sind wiederum zu unterscheiden:
1. der/die Betrachter erkennen sich auf dem Abbild wieder, als die, die sie aus dem eigenen Spiegelbild kennen.
2. der/die Betrachter erkennen sich nicht auf der Abbildung.
Folgende 4 Faelle ergeben sich daraus:
a) Der Betrachter erkennt sich als Objekt der Abbildung und assoziiert sich und die weiteren Objekte des Bildes mit den Erinnerungen, die im Moment der abgebildeten Situation entstanden sind.
b) Der Betrachter erkennt sich als Objekt der Abbildung und assoziiert sich und die weiteren Objekte des Bildes mit Erinnerungen, die nach dem Moment der abgebildeten Situation entstanden sind.
c) Der Betrachter erkennt sich nicht als Objekt der Abbildung und assoziiert die Objekte des Bildes mit schon vor der Betrachtung erzeugten Erinnerungen, die jetzt im Moment der Betrachtung durch die Objekte hervorgerufen werden.
d) Der Betrachter erkennt sich nicht als Objekt der Abbildung und assoziiert die Objekte des Bildes mit Erinnerungen, die jetzt im Zeitpunkt der Betrachtung neu entstehen.
Nehmen wir den 2. Fall und nehmen an, der Betrachter ist tatsaechlich auf dem Bild, er erkennt sich aber nicht, weil das Bild ihn unvollstaendig wiedergibt oder weil in seinem Hirn das Bild, das er von sich macht, die Introspektion, das in sich hineinschauen und die dort vorgefundene Abbildung seines Koerpers, nicht in den Einklang mit dieser neuen Erinnerung gebracht werden kann.
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